13. Februar 2025

Streiten wie die Profis: So gewinnen alle

Konflikte begegnen uns überall in unserem Leben. Sie entstehen, wo verschiedene Interessen und/oder Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Schewaz Kamal, Psychologe bei ask!, zeigt auf, wie man gemeinsam konstruktive Lösungen erarbeiten und den Konflikt beilegen kann.
Autor/in: Daniela Furrer, Fachspezialistin Kommunikation
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Viele Menschen neigen dazu, Streit grundsätzlich aus dem Weg zu gehen. Diese Strategie kann jedoch gefährlich sein. Einerseits kann der Ärger sich verstärken und irgendwann in einer Form herausbrechen, die wir später bereuen (z. B. verbale oder gar physische Gewalt), andererseits kann das Herunterschlucken unseres Ärgers auch depressive Symptome begünstigen. Hingegen: Das Problem für alle Seiten gewinnbringend aufzulösen, führt meist auch zu einer Verbesserung der Beziehung zwischen den Beteiligten. Die Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen und sie konstruktiv zu lösen, ist also unverzichtbar für uns. Dabei gilt: Konfliktfähigkeit ist wie ein Muskel, sie kann trainiert werden. Schewaz Kamal, Psychologe bei ask!, hat fünf konkrete Schritte zusammengestellt, mit denen Sie Konflikte angehen können.

Schritt 1: Ruhe bewahren, Abstand schaffen

Es empfiehlt sich, zunächst Abstand zum Geschehen zu gewinnen. Vermeiden Sie es, den Konflikt sofort auszutragen, um eine Eskalation zu verhindern. Stattdessen können Sie sich z. B. mit etwas ablenken, was Ihnen guttut (Spazieren, Sport, Lesen, Gamen, eine Nacht darüber schlafen usw.).

Schritt 2: Klärendes Gespräch suchen

Sind die negativen Gefühle abgeflaut, sollten Sie Ihr Gegenüber um ein Gespräch unter vier Augen bitten. Konflikte sollten nicht vor Unbeteiligten ausdiskutiert werden. Überfallen Sie Ihr Gegenüber nicht mit dem Gespräch, beide Seiten sollten Zeit zur Vorbereitung haben, vereinbaren Sie daher einen Termin. Machen Sie sich und auch Ihrem Gegenüber bewusst, dass es in diesem Gespräch nicht darum geht, dass einer von beiden triumphiert, sondern darum, eine stimmige Lösung zu finden. Im Gespräch sollen beide Seiten ihre Positionen und Beweggründe darlegen. Seien Sie nicht verärgert oder verunsichert, wenn Ihr Gegenüber nicht sofort auf den Vorschlag eingeht. Es kann sein, dass er/sie noch etwas Zeit braucht. Versuchen Sie es später noch einmal.

Schritt 3: Vorbereitung ist die halbe Lösung

Es ist hilfreich, den Konflikt aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten: Was ist passiert? Was hat zum Konflikt geführt? Warum könnte Ihr Gegenüber so gehandelt haben? Ist es nur ein Missverständnis? Zudem macht es Sinn, Ihre eigene Sichtweise zu reflektieren: Was steckt wirklich hinter Ihrem Ärger? Nutzen Sie diese Überlegungen, um Ihre Botschaft vorzubereiten. Sie können sich auch schon überlegen, welche Lösungen für beide Seiten akzeptabel sein könnten. Wenn es Ihnen schwerfällt, die Perspektive zu wechseln, können Sie eine unvoreingenommene Person um Ihre Sicht der Dinge bitten.

Schritt 4: Zuhören, Verstehen, Verständnis zeigen

Es ist wichtig, dass Sie – ohne Ihr Gegenüber bereits zu verurteilen – ins Gespräch einsteigen. Ihr Gegenüber merkt dies und wird vermutlich in die Defensive gehen, die Chance auf ein offenes Gespräch wird klein. Seien Sie unvoreingenommen. Kommunizieren Sie klar und sachlich, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Am besten verwenden Sie dabei Ich-Botschaften, d. h. Sie offenbaren die eigene Wahrnehmung und Wünsche, stellen den Sachverhalt dar, ohne zu werten, und verzichten auf Vorwürfe und Du-Botschaften.

  • Ich-Botschaft:  «Ich habe im Moment viele Prüfungen und brauche meine Zeit zum Lernen. Deshalb stresst es mich, wenn ein Treffen nicht pünktlich beginnt.»
  • Du-Botschaft: «Du kommst immer zu spät! Du verschwendest meine kostbare Zeit.»

Geben Sie Ihrem Gegenüber Raum, seine Sicht der Dinge zu erklären. Hören Sie dabei aktiv zu, unterbrechen Sie nicht und lassen Sie Ihr Gegenüber ausreden. Versuchen Sie, sich in die andere Person hineinzuversetzen und sie zu verstehen. Wenn Sie Rückfragen haben, stellen Sie diese im Anschluss.

Schritt 5: Gemeinsam zur Lösung

Wie sieht die Situation jetzt mit allen Karten auf dem Tisch aus? Falls die von Ihnen angedachten Lösungsvorschläge passen, bringen Sie diese vor. Vielleicht fallen Ihnen jetzt auch noch andere Lösungen ein. Falls Sie selbst gerade zu keiner Lösung kommen, fragen Sie ihr Gegenüber nach einem Vorschlag.

Machen Sie sich bewusst: Ein einzelnes Gespräch ist für die Lösung eines Konfliktes nicht immer ausreichend. Es kann helfen, eine Pause in der Diskussion einzulegen und sie zu einem anderen Zeitpunkt fortzusetzen (z. B. wenn die Diskussion die sachliche Ebene verlässt). Sollten Gespräche unter vier Augen nicht fruchten, kann man eine neutrale dritte Person um Vermittlung bitten. Sie kann den Konflikt unvoreingenommen beurteilen und findet allenfalls leichter einen Lösungsvorschlag, der für beide Seiten stimmt.

 

Weiterführende Informationen für Jugendliche:

Weiterführende Informationen für Konflikte am Arbeitsplatz und Anderes:

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