15. Oktober 2024

Mit KI zur Traumlehrstelle?

Wie praktisch wäre es, bei der Lehrstellensuche ein bisschen Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zu bekommen! Die KI soll das perfekte Bewerbungsdossier schreiben und pointierte Antworten fürs Vorstellungsgespräch liefern. Wir haben es ausprobiert mit ChatGPT.
Autor/in: Barbara Gisi, Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin, Teamleiterin Rheinfelden
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Bildquelle: KI-generiert via Adobe Firefly

 

Der Lebenslauf ist das Kernstück einer Bewerbung und soll übersichtlich, informativ und ansprechend sein. Wir fragen ChatGPT, uns einen Lebenslauf für einen Jugendlichen zu erstellen. Die KI schlägt uns eine gute Gliederung mit den inhaltlich wichtigsten Punkten vor. Die Angaben zur Familie, wie es im Lebenslauf von Jugendlichen in der Schweiz erwartet wird, fehlen jedoch, ebenso der Vermerk auf ein Foto.

Als nächsten Schritt möchten wir die Gestaltung verbessern. Doch hier kommt ChatGPT an Grenzen.  Die Word-Vorlagen, wie sie www.berufsberatung.ch anbietet oder bei ask! bezogen werden können, sind deutlich hilfreicher und passender.  

ChatGPT schreibt für Erwachsene

Beim Verfassen des Bewerbungsbriefes hingegen kann ChatGPT ganz klar punkten. Wie durch Zauberhand wird ein Vorschlag erstellt, der sprachlich gut formuliert und fehlerfrei ist. Auf den ersten Blick also eine grossartige Sache.

Beim genaueren Hinschauen wird aber deutlich, dass der Text in «Erwachsenensprache» verfasst ist. Jugendliche formulieren anders. Ein Adressat würde das sofort erkennen. ChatGPT muss explizit dazu aufgefordert werden, in einfacherer Sprache zu formulieren, dann erhalten wir ein tolles Resultat.

Inhaltlich ist das Schreiben nach wie vor etwas substanzlos. Das Bewerbungsschreiben für die Schreinerlehrstelle wäre auch für einen anderen handwerklichen Beruf verwendbar. Deshalb fragen wir nach Beispieltätigkeiten aus einer früheren Schreinerschnupperlehre, um die Bewerbung damit aufzupeppen. Das gelingt ausgezeichnet und das Schreiben gewinnt an Charakter und Individualität, die eingefügten Beispiele sind sehr gut gewählt.

Denken nein, erfinden ja

Zum Jux fordern wir ChatGPT auf, im Brief als Haupttätigkeit eines Schreiners das Ausführen von Autoreparaturen zu ergänzen. ChatGPT gehorcht umgehend, erkennt nicht, dass solche Tätigkeiten nicht zum Schreinerberuf gehören. Dann wollen wir, dassChatGPT Bezug zur Firma nimmt, bei welcher die Lehrstelle ausgeschrieben ist.

Auf den ersten Blick wird auch diese Aufgabe gemeistert. Als wir aber die Angaben auf der Firmenwebsite überprüfen, stellen wir fest, dass der Text von ChatGPT frei erfunden ist und keinen Zusammenhang mit dem realen Betrieb hat.

Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch

Zum Schluss hilft uns ChatGPT bei der Vorbereitung eines Vorstellungsgespräches. Zu diesem Thema ist im Netz viel Material vorhanden, es stellt sich also die Frage, was KI hier zusätzlich bieten kann.

In rasantem Tempo stellt ChatGPT einen Fragenkatalog zusammen, zugeschnitten auf das Vorstellungsgespräch für die Schreinerlehrstelle. Die dazu gelieferten Antworten sind passend, ausgenommen der Antworten zur Firma, diese sind wiederum erfunden, wie bereits beim Bewerbungsschreiben. Die verwendete Sprache der Fragen und Antworten ist aber wieder auf Erwachsene ausgelegt. Unser Auftrag, sprachlich einfacher zu formulieren, ist nützlich. Mit der neuen Version könnte sich der Jugendliche optimal auf das Vorstellungsgespräch vorbereiten.

Ohne Einordnung nützt KI nichts

Der Einsatz von KI bei der Lehrstellensuche hat zahlreiche Vorteile: Er spart Zeit, bietet individuelle Unterstützung und kann die Qualität der Bewerbungsunterlagen erheblich verbessern, zum Beispiel Rechtschreibe- und Grammatikfehler ausmerzen.

Die Herausforderung besteht darin, die Ergebnisse von KI einzuordnen. Welche Informationen sind überhaupt korrekt?  Welche Vorschläge können allenfalls eine gute Inspiration sein? Ein gutes Resultat erreicht man nur mit präzise formulierten Eingaben an die KI, sogenannten «Prompts» und laufender Feinjustierung.

ChatGPT nimmt uns nur dann Arbeit ab, wenn wir wissen, was eine gute Bewerbung ausmacht. Jugendliche können das noch nicht einschätzen, eine Begleitung durch Eltern, Berufsberatende oder Lehrpersonen ist wichtig. Und trotz aller Technik bleibt schlussendlich die Persönlichkeit, die bei der Zusage für eine Lehrstelle ausschlaggebend ist.

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