15. Mai 2023

Keine Worte für Gefühle

Jugendliche und junge Erwachsene haben oft Mühe, ihre Gefühle zu beschreiben und zu steuern. Stefanie Bachofner, Psychologin bei ask, hat sich in ihrer Graduierungsarbeit mit dieser Thematik beschäftigt und weiss, welche Techniken es dafür gibt.
Autor/in: Andrina Sarott, Fachspezialistin Kommunikation
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Bild: Das Wahrnehmen und Regulieren von Gefühlen kann man lernen (Stefanie Studer, Fachspezialistin Kommunikation)

Emotionen sind wichtige Signale, die uns Informationen über unsere Bedürfnisse, Werte und Ziele geben. Sie beeinflussen unser Denken, Handeln und Erleben. Emotionale Differenzierungsarbeit zielt darauf ab, die eigenen Gefühle besser zu verstehen, zu benennen und zu regulieren. Dadurch lassen sich psychische Belastungen abbauen und das eigene Wohlbefinden fördern.

Im Laufe unseres Lebens lernen wir, unsere Gefühle in Worte zu fassen und Strategien gegen negative Emotionen zu entwickeln. Dadurch können wir uns auch besser in andere hineinversetzen und deren Gefühlslage deuten. Jugendliche und junge Erwachsene befinden sich mitten in der Identitätsbildung und in der emotionalen Entwicklung. «Sie haben oft Mühe, Worte für ihre Emotionen zu finden, diese zu analysieren und zu steuern. Das Gleiche kann auf Menschen mit einer psychischen Erkrankung zutreffen», meint die Psychologin und angehende Psychotherapeutin Stefanie Bachofner. «Sie können den Umgang mit Emotionen aber lernen.» Mögliche Wege beschreibt Bachofner in ihrer Graduierungsarbeit. Einige wichtige Techniken haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Therapeutische Beziehung

Um die eigenen Gefühle besser erfassen und steuern zu können, kann eine wohlwollende therapeutische Beziehung helfen. Durch die Vertrauensbasis kann die Beziehung tröstend und heilsam zugleich sein. «Die Emotionen dürfen fliessen. Die Menschen können sich zeigen, offen über Gefühle reden und im Gespräch Trost finden», sagt Bachofner. «Der Umgang mit Gefühlen wird in der Therapie vorgelebt.» Der Patient oder die Patientin lernt, die Gefühle zuzulassen und sich selbst Trost zu spenden, weil die Erfahrung des Getröstet-werden erlebt wurde.

Eigenleibliches Spüren

Der Körper gibt uns Hinweise über unseren psychischen Zustand, denn alle Erfahrungen sind dort angelegt. «Über den Körper haben wir die Möglichkeit, unsere Gefühle zu beeinflussen», so Stefanie Bachofner. Atem- oder Entspannungsübungen sind bekannte Techniken, um über den Körper eine Aktivierung der Psyche durchzuführen. «Während den Übungen können Zusammenhänge bewusst gemacht und neue Erfahrungen gesammelt werden, die dann integriert werden können.»

Emotionales Ausdrucks- und Flexibilitätstraining

«Alle Emotionen sind erlaubt und wichtig», betont die Psychologin. «Sie dürfen nicht bestraft oder unterdrückt werden.» Durch Rollenspiele oder das Beschreiben von Emotionen, z.B. anhand von Bildern, können der Umgang mit den Gefühlen und deren Feinabstimmung geübt werden. «Dabei lernt man auch, wie man Gefühle zeigen kann, ohne damit anzuecken.»

Kreative Medien

Können Gefühle verbal nicht ausgedrückt werden, gibt es die Möglichkeit, diese mit Hilfe von kreativen Medien herauszuarbeiten. Dazu gehört das Malen, das Erstellen von Collagen, Kneten oder das Arbeiten mit bereits existierenden Medien. «Bei dieser Technik kann Unbewusstes zum Ausdruck kommen. Das führt oft zu neuen Erkenntnissen», erklärt Stefanie Bachofner.

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